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Der Spruch des Jahres 2020: "Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben!"

DerPfleger

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Wir müssen lernen mit dem Virus zu leben,
Was heißt das für dich genau?

Ich lebe seit dem Frühjahr mit dem Virus. Für mich heißt das (durch meinen Job) Lebensgefahr für meine Frau und für mich - jeden Tag, an dem ich arbeite. Ich gehöre einer Risikogruppe an, meine Frau gleich mehreren. Aufgrund meiner Ausbildung, meines Arbeitsbereiches und der Möglichkeit, wie ich mich schützen kann, lag bis vor kurzem mein Risiko, selbst die Krankheit mitzunehmen, wenn es zu einem Ausbruch bei meiner Arbeitsstelle kommt, eigentlich bei fast 100%. Jetzt liegt sie vielleicht bei etwa 60%, da der Schutz etwas besser ist - die Gefahr, dass es zu einem Ausbruch in meiner Einrichtung kommt, steigt aber gewaltig an. Das heißt es, mit dem Virus zu leben - es kann jeder Zeit vorbei sein - da muss man nichts lernen.
"Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben!"
Das war der Spruch, den man am Anfang der Pandemie am meisten um die Ohren geschmissen bekommen hat - meist von Leuten, die in keiner Weise wissen, was das heißt und im Alltag bedeutet, weil die das selbst gar nicht mussten - mit dem Virus leben!
Geschrieben habe ich das einige Monate, bevor ich geimpft wurde und vor dem Ausbruch an meiner Arbeitsstelle. Um die Weihnachtszeit hieß für mich "mit dem Virus leben", in einem Ausbruch zu stehen, bei dem fast 20 Menschen drohten zu ersticken. "Mit dem Virus leben" bedeutete für mich, aufgrund meiner fachlichen Kompetenz und meinen Erfahrungen mit der Erkrankung zu wissen, dass meiner Frau mit einem SpO2 Wert von 84 im Normalzustand Übergewicht und hohem Blutdruck wenig Chancen hat, die Erkrankung zu überleben, wenn ich ihr vom Virus ausreichend mitbringe.
"Mit dem Virus leben" bedeutete es, in dieser Zeit plötzlich Fieber zu bekommen und allein auf dem Fußboden eines Abstellraums liegend 4 Tage nicht zu wissen, ob man nun den Virus mitgebracht hat, oder nicht. Vier Tage können gewaltig lang werden, wenn nebenbei noch um das Leben der eigenen Frau geht. Lernen musste ich da nichts - das war Lebensalltag.
Auch mein Sohn musste nicht lernen, mit dem Virus zu leben. Er hat nur gelernt, was das genau heißt, das tun zu müssen. Bei ihrer Arbeit hat sich seine Lebensgefährtin infiziert - nur wenig über zwanzig Jahre alt und vorher komplett gesund - hat leider Long-Covid bekommen, das war es dann, mit dem komplett gesund. Er hat gelernt wie das ist, 6 Monate mitzubekommen, dass die Frau, die man liebt, kaum noch eine Treppe heruntergehen kann. Das man mit ihr nicht mehr spazieren gehen kann, weil sie nach hundert Meter einfach umkippt und es zu einem Problem wird, sie wieder zurück zum Auto zu bekommen. "Leben mit dem Virus" hieß für ihn mitzubekommen, dass man seiner Lebensgefährtin auch im Krankenhaus nicht helfen konnte. Nach den REHAS wurde zum Schluss bei ihr eine Behinderung festgestellt - arbeiten geht wieder, aber nicht wie vorher. Auch das heißt "mit dem Virus leben".
"Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben!"
Soll ich sagen, was das für mich ist? Absolute Klugscheißerei von Leuten, die gar nicht wissen, was das genau heißt, weil die das gar nicht müssen.
Man, ging mir diese Klugscheißerei auf den Sack. Diesen Satz hört man jetzt Ende 2021 zum Glück weniger - warum wohl????
 
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